Ganz nebenbei ...
aus meinem Buch "Zwischen Spree und Märkischem Meer"
Später März
Sie ist schon eine alte Dame,
Charlotte ist ihr werter Name.
Wohnt mit Balkon, Parterre, zwei Zimmer,
schaut auf die Straße, oft, fast immer.
Sie lebt in der Erinnerung,
dann lächelt sie und fühlt sich jung.
Und manchmal singt sie alte Lieder.
Vergisst den Schmerz und müde Glieder.
Schaut hin zum Fenster und sie lacht,
dort steht der Frühling, handgemacht
aus bunten Primeln und Narzissen.
Sie gießt sie, redet ganz beflissen
mit ihren hübschen Frühlingsblüten,
die ihre späte Welt behüten,
gefangen hinter Fensterscheiben,
damit sie auch die ihren bleiben.
Und jedes Jahr da wird sie müder.
Und immer kommt der Frühling wieder.
Hinter den trüben Fensterscheiben
wird er auch diesmal draußen bleiben.
Und selber ist sie auch gefangen.
Nur ab und zu kommt das Verlangen:
Noch einmal durch den Lenz spazieren,
die Straßen auf und ab flanieren.
Den hübschen Hut aus ihrem Schrank
Den trug sie nicht, fünf Jahre lang.
Nur vor dem Spiegel, meist im März,
da fasst sie sich nochmal ein Herz
und setzt den Hut sich auf ihr Haupt:
„Ach nein“, denkt sie „Ich hab geglaubt,
ich sähe damit besser aus,
doch eine alte graue Maus,
bleibt, was sie ist!“
Und jedes Jahr da wird sie müder.
Und immer kommt der Frühling wieder.
Hinter den trüben Fensterscheiben
wird er auch diesmal draußen bleiben.
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