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Die Oderbruchbahn



In Fürstenwalde gibt es die Pflaumenberge. Jedoch sind die Pflaumenberge ein Kiefernwald. Nicht ein einziger Pflaumenbaum wächst dort. Warum alle Pflaumenberge sagen – keine Ahnung. Ein einzelnes Bahngleis, die Schienen der alten Oderbruchbahn ziehen in einer Kurve am Wald vorbei und bilden quasi die Grenze zu den Pflaumenbergen. Die Oderbruchbahn gibt es schon lange nicht mehr, eigentlich schade. Aber ihr Gleis erinnert noch immer an vergangene Zeiten. Am 28. September 1968 fuhr der letzte fahrplanmäßige Zug von Fürstenwalde ab und endete in Wriezen.

Eine kleine Dampflok, Kohlenwagen und höchstens fünf oder sechs Waggons – etwa drei Personenwaggons in dunklem unauffälligen Grün und vielleicht noch zwei kleine Güterwaggons, beladen mit Holz, Baumaterial oder wer weiß was noch – das war der ganze Zug. Eine Kleinbahn eben, ganz so, wie man sie von alten Abbildungen kennt.




Natürlich fuhr diese Bahn nicht sonderlich schnell. Ihre Höchstgeschwindigkeit betrug 40km/h. Keine Ahnung, wie lange sie bis ins Oderbruch brauchte. Unzählige Bahnhöfe lagen auf ihrer Strecke. Sie machte diese herrlichen typischen Bahngeräusche, dieses Husch-husch-husch, so wie man es kleinen Kindern vormacht, um ihnen eine Eisenbahn zu erklären. Und sie konnte durchdringend und schrill pfeifen, wenn sie sich dem unbeschrankten Bahnübergang am Waldrand näherte. Wollte man von einem Waggon in den nächsten wechseln, so betrat man unter freiem Himmel eine kleine bühnenartige Plattform zwischen den Wagen, welche hin- und herwackelte. Heute unvorstellbar und mit keiner Sicherheitsvorschrift vereinbar. Auch während der Fahrt durfte man die Waggons wechseln. Wenn man nach unten blickte, sah man die Puffer der Waggons und die riesigen Haken und Ösen, die die Wagen verbanden, sowie den scheinbar vorüberfliegenden Erdboden.

Ein kleiner Bahndamm links und rechts des Gleises, eine bewachsene Böschung zu den Pflaumenbergen hin, lockte uns Kinder der Gegend damals immer wieder an. Man legte sich auf die Böschung und wartete auf die Kleinbahn und man träumte sich mit ihr fort. Natürlich nicht nur bis Hasenfelde, Seelow und weiter bis ins Oderbruch, sondern weit, weit weg, in die große Welt. Wenn sich dann ein Zug mit schrillem Pfiff ankündigte, sprangen wir auf und verließen den Bahndamm. Der Lok-Führer bremste den Zug etwas ab und brüllte: „Schert Euch nach Hause! Im Bahndamm hat niemand etwas zu suchen, betreten verboten! Capito?“

Das alte Gleis der Oderbruchbahn zieht sich noch heute vorbei an beschaulichen kleinen Häusern und Gärten, lässt das Kosmonautenviertel links liegen und endet im Nichts. Ein Abzweig allerdings passiert den Schrottplatz.

Viele kleine Dörfer entlang der Strecke ins Oderbruch hatten damals ihren eigenen Bahnhof. Und noch immer findet man Schienenstränge dieser Bahnlinie aus längst vergessener Zeit, zugewachsen und geheimnisvoll, die scheinbar aus dem Nichts kommen und im Nirgendwo enden.

Und wenn man einen Spaziergang entlang des Gleises macht, kann man mit viel Phantasie von ganz weit weg, den schrillen Pfiff und das liebenswerte Husch-husch-husch hören.




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